«Ich freue mich darauf, selbstständig mobil sein zu können»

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Seit vielen Jahren können Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen unser Fahrschulangebot nutzen, um sich auf die praktische Fahrprüfung vorzubereiten. Louis Amport ist einer der Fahrschüler, die mit einem Cerebral-Fahrschulauto das Autofahren lernen. Im Gespräch erzählt er, wie wichtig dieses Angebot für seine persönliche Mobilität ist.

Wann haben Sie sich dazu entschieden, die Fahrprüfung zu absolvieren?
Diesen Entschluss habe ich eigentlich erst vor rund eineinhalb Jahren gefällt. Vorher lebte ich in der Stadt Bern und fühlte mich eigentlich ganz wohl ohne Auto. Als ich mit meiner Partnerin dann aber nach Schüpfen zog, merkte ich schnell, dass ich immer auf andere angewiesen war, um selber mobil sein zu können. 
Vor rund einem Jahr habe ich mich mit meiner Firma selbstständig gemacht – ich berate Firmen und Institutionen im Bereich Sensibilisierung für Menschen mit Beeinträchtigungen. Hierfür bin ich in der ganzen Schweiz unterwegs – auch da ist es ziemlich wichtig, selber fahren zu können. 
Niemand ist gerne von anderen abhängig und mit der Zeit wurde diese Situation für mich immer unbefriedigender. Deshalb entschied ich mich dazu, fahren zu lernen. So kann ich selbstständig unterwegs sein, falle niemandem zur Last und kann sogar mein Umfeld entlasten, weil ich Fahrten für andere übernehmen kann. Darauf freue ich mich.

Ist es schwierig, um mit einer körperlichen Beeinträchtigung einen Lernfahrausweis zu bekommen?
Schwierig eigentlich nicht, aber etwas aufwendiger. Bevor man sich als Mensch mit einer körperlichen Beeinträchtigung zur Theorieprüfung anmelden kann, muss man zuerst seine Fahreignung vom zuständigen Strassenverkehrsamt abklären lassen. Dass muss man sich aber nicht wie eine Prüfung vorstellen, sondern eher wie ein kleines Vorstellungsgespräch. Es geht ja darum, zu schauen, ob die jeweilige Beeinträchtigung einem das Fahren erlaubt oder nicht. Anschliessend kann man dann die Theorieprüfung absolvieren und einen Lernfahrausweis beantragen. 

... Und wie haben Sie einen geeigneten Fahrlehrer gefunden, der über Erfahrung in der Ausbildung von Fahrschülerinnen und Fahrschülern mit Handicap verfügt?
Meinen Fahrlehrer Stefan Plüss habe ich zum Glück mit Hilfe der Stiftung Cerebral ziemlich schnell gefunden. Er verfügt über viel Erfahrung mit beeinträchtigten Fahrschülerinnen und Fahrschülern und hat dann auch gleich ein Cerebral-Fahrschulauto bei der Stiftung Cerebral beantragt, damit ich bei ihm fahren lernen kann.

Was ist das Besondere an Cerebral-Fahrschulautos?
Die Fahrschulautos der Stiftung Cerebral sind so konzipiert, dass sie mit wenigen Handgriffen für fast jede Beeinträchtigung angepasst werden können. Alles hierfür benötigte Material befindet sich in einem Koffer, der gemeinsam mit dem Fahrschulwagen geliefert wird. Ich selber sitze im Rollstuhl und kann meine Beine und Füsse nicht zum Fahren nutzen. Das heisst, dass ich darauf angewiesen bin, dass ich Gas, Bremse und Schaltung mit den Händen bedienen kann. Mit dem Cerebral-Fahrschulauto ist das kein Problem – mein Fahrlehrer kann die gewünschten Elemente direkt vor der Stunde anpassen, sodass ich bequem sitzen und fahren und mich voll und ganz auf die Strasse konzentrieren kann.
Gut finde ich, dass das Fahrschulauto für die Dauer der Ausbildung beim jeweiligen Fahrlehrer verbleibt. So habe ich die Gewissheit, dass ich das Auto jederzeit für meine Fahrstunden nutzen kann.
Meine Partnerin und ich haben uns inzwischen selber auch ein auf meine Bedürfnisse angepasstes Auto gekauft, das ich später, wenn ich die Prüfung bestanden habe, fahren kann. Ich darf in ihrer Begleitung auch Lernfahrten unternehmen. Wenn ich ganz ehrlich bin, fühle ich mich bis jetzt aber im Cerebral-Fahrschulauto fast wohler. Im VW Caddy hat man eine sehr gute Übersicht und es fährt sich sehr gutmütig und angenehm. 

Wie läuft die Fahrausbildung bis jetzt?
Ich hatte mir das Autofahren sicher etwas einfacher vorgestellt. Als Mensch mit einer körperlichen Beeinträchtigung bin ich ja vorher nie selbstständig im Verkehr unterwegs gewesen, sondern immer auf dem Trottoir. Ich fuhr zum Beispiel auch nie Velo und entsprechend war es für mich am Anfang natürlich sehr anspruchsvoll, mich auf der Strasse zurechtzufinden. Das ist aber eine reine Übungssache und inzwischen fühle ich mich hinter dem Steuer sehr sicher. Mein Fahrlehrer begleitet mich geduldig und mit viel Feingefühl und ich bin zuversichtlich, dass ich bald schon die Fahrprüfung absolvieren kann. 

Das Fahrschulangebot der Stiftung Cerebral umfasst ja nicht nur die angepassten Fahrschulautos, die von den Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern nach gemietet werden können, sondern sie unterstützt Menschen mit cerebralen Bewegungsbeeinträchtigungen auch bei der Finanzierung der Fahrstunden. Wie wichtig ist dieses Angebot?
Fahrstunden sind teuer, und entsprechend wichtig ist diese finanzielle Unterstützung. Als Fahrschüler mit einem Handicap braucht man zudem tendenziell eher mehr Fahrstunden, bis man die Fahrprüfung absolvieren kann. Da hilft eine finanzielle Entlastung natürlich umso mehr und ich bin froh, dass die Stiftung Cerebral über ein solches Angebot verfügt. 
Was ich auch sehr schätze, ist die Tatsache, dass die Stiftung Cerebral je nach Bedürfnis bei der Finanzierung der Mehrkosten für ein eigenes angepasstes Autos hilft. Das erleichtert den Schritt hin zu mehr persönlicher Mobilität natürlich zusätzlich.


Das Fahrschulangebot wird weiter ausgebaut 
Die Stiftung Cerebral verfügt über eine moderne Flotte von umgebauten VW Caddy, die von Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern zu günstigen Konditionen gemietet werden können. Inzwischen konnten wir 72 Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer in der ganzen Schweiz in Workshops schulen, damit sie sich auf die besonderen Bedürfnisse ihrer Fahrschülerinnen und Fahrschüler mit Beeinträchtigung vorbereiten und unsere Fahrzeuge optimal nutzen können.
Um der grossen Nachfrage gerecht zu werden, haben wir nun zwei zusätzliche Fahrzeuge angeschafft. Je nach Bedarf unterstützen wir die Fahrschülerinnen und Fahrschüler auch bei der Finanzierung ihrer Fahrstunden.

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